Sich auf den Hosenboden setzen

Kürzlich stieß ich auf eine These, welche mich aufhorchen ließ:

Fleiß schlägt Talent!

Eine spannende Behauptung, wie ich finde, welche so manch praktischen Entschuldigungsversuch für bescheidene Leistungen zunichte macht. „Ich habe kein Talent für Fremdsprachen“, „Ich bin halt eher naturwissenschaftlich begabt“, “ Ich habe Mathe eh noch nie kapiert“, „Mein Vater hatte auch Probleme mit Mathe in der Schule“…,ich glaube, fast jeder von uns hat solch eine Äußerung bereits einmal gehört oder sich ihrer schon einmal selbst bedient. Dramatisch wird dieser Satz dann, wenn wir ihn von Menschen hören, welche wir als Experten ansehen, wenn z.B. unser Lehrer äußert: “ Du bist halt fremdsprachlich nicht begabt!“

Fleiß schlägt Talent!

Was ich zu diesem Satz fand, ist nicht nur super spannend, sondern stellt fast unser Weltbild auf den Kopf:

Zurückzuführen ist diese Behauptung auf eine Studie der Berliner Hochschule für Künste, welche herausfand, , dass Studenten ohne besondere musikalische Begabung, die jedoch fleißig ihr Instrument geübt hatten, tatsächlich professionelle Konzertmusiker geworden waren. Auf der anderen Seite schafften es Studierende, welchen ausdrücklich ein musikalisches Talent attestiert worden war, die jedoch nicht besonders übten, diesen Sprung nicht. ( www.focus.de,18.1.2009)

Und da der Begriff „fleißig“ natürlich äußerst subjektiv und schwammig ist, wurde parallel gleich eine Definition mitgeliefert: „Fleißig üben ohne besonderes Talent für eine Sache entspricht einer Übungszeit von ca. 10 000 Stunden.

Beim Recherchieren stieß ich auf den Kanadier Malcolm Gladwell und sein Experiment: Malcolm hing seinen Job als Journalist an den Nagel, um in einem Selbstversuch die obige Behauptung zu verifizieren. Er versuchte, innerhalb von 10 000 Übungsstunden ein professioneller Golfspieler zu werden, obwohl er mit Golf bis zum Beginn seiner Challenge absolut nichts am Hut hatte. Es gelang ihm bereits, erste kleinere Turniere zu gewinnen. Auf seiner Webseite “ the danplan.com fand man unter anderem auch einen Countdownzähler, wie viele der 10 000 Stunden er bereits mit seinem Golftraining hinter sich gebracht hatte.

Zudem fielen mir natürlich gleich auch die alten, jedem bekannten Sprüche ein: „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen…, „Übung macht den Meister!“

Training und Übung bedeuten in diesem Zusammenhang natürlich aber intelligentes Training und intelligentes Üben. Es nützt natürlich nichts, wenn ich stundenlang eine Melodie auf dem Klavier immer wieder fehlerhaft hintereinander spiele.

Der Psychologieprofessor K. Anders Ericsson, welcher an der Florida State University zu menschlichem Leistungsvermögen forscht, bestätigt die „Fleiß schlägt Talent“ Theorie ebenfalls vollumfänglich .

Zu guter Letzt: 10 000 Stunden Training ist die Vorgabe, um ein professioneller Musiker, Sportler oder Mathematikprofessor zu werden. Ich glaube, ein Bruchteil dieser Stundenzahl ist völlig ausreichend, um eine anstehende Mathe-oder Fremdsprachenklausur in der Schule brillant zu meistern. Vorher aber muss natürlich unsere alte Programmierung in unserem Kopf, dass wir schlicht und ergreifend keine Begabung auf einem Gebiet haben und deswegen hier auch nur bescheidene Leistungen erzielen können, dauerhaft und ganz schnell deinstalliert werden.